So einfach die Frage, nach der eigenen Rendite klingen mag, so komplex kann es werden, sie zu beantworten. Der Beitrag versucht, die Grundlagen der Renditeberechnung anhand eines Beispiels zu erklären. Es ist ganz bewusst keine abschließende, vollumfängliche Erklärung, sondern kratzt nur an der Oberfläche des Themengebiets.
Zu unterscheiden sind:
- Kapitalgewichtete Rendite, auch: geldgewichtete Rendite, interner Zinsfuß (IZF), Internal rate of return (IRR)
- Zeitgewichtete Rendite, auch: time-weighted rate of return (TWROR) oder true time-weighted rate of return (TTWROR)
Die Unterschiede werden schnell deutlich, wenn man verschiedene Investments vergleicht. Nennen wir sie Investment a und b. Wir betrachten das Investment immer als “Black box”, d.h. es ist unerheblich, worin genau investiert wurde (Aktien, Fonds, festverzinsliche Papiere, … oder eine Kombination von alledem).
Nehmen wir zudem zwei verschiedene Investoren an. Dein Freund und Du.
Du investierst gleich am Jahresanfang 100 Euro in das Investment a. Am Jahresende sei das Investment 105 Euro wert. Der Wertzuwachs beträgt somit 5 Euro.
Spannend wird es, sobald Zu- bzw. Abflüsse zur Betrachtung dazukommen.
Nehmen wir an, Dein Freund investiert am Jahresanfang 50 Euro und weitere 50 Euro zur Jahresmitte. Allerdings in ein anderes Investment b. Wenn nun am Ende des Jahres das Investment wieder 105 Euro wert ist, so beträgt auch sein Wertzuwachs 5 Euro.
Kapitalgewichtete Rendite, IRR
Dir fällt vielleicht auf, dass Dein Freund weniger Kapital angelegt hat als Du. Er hat nicht 100 Euro für ein Jahr angelegt, sondern 50 Euro für ein Jahr und weitere 50 Euro für ein halbes Jahr.
Die kapitalgewichtete Rendite (IRR) berücksichtigt genau diese Zu- und Abflüsse, d.h. das investierte Kapital.
Du hast 100 Euro eingesetzt, 5 Euro sind 5% des Kapitals, daher beträgt Dein IRR beträgt 5%. So weit, so einfach.
Dein Freund hat in diesem Beispiel einen IRR von ca. 6,7% erzielt. D.h. seine kapitalgewichtete Rendite ist höher, da der Kapitaleinsatz niedriger war.
Was sagt uns dieser Zinssatz genau? 6,7% ist rechnerisch derjenige Zinssatz, zu dem man 50 Euro ein Jahr lang und weitere 50 Euro ein halbes Jahr lang anlegen müsste, um die 5 Euro Rendite zu erzielen.
Wäre es also besser gewesen, Du hättest auch das Investment b gewählt? Der interne Zinsfuß suggeriert das.
Zeitgewichtete Rendite, TTWROR
Wir wissen anhand der bisherigen Informationen gar nicht, wie der Wert der Investments innerhalb des Jahres verlaufen ist. Das ist aber nötig, um die Investitionsentscheidung beurteilen zu können.
Nehmen wir an, der Wert des Investments b verlief eher turbulent. In der ersten Jahreshälte verlor es 80% an Wert, in der zweiten Jahreshälfte hat es 75% gewonnen. Dein Freund hat also zunächst 50 Euro zu 10 Euro gemacht, dann 50 Euro zugezahlt und dann 60 Euro zu 105 Euro gemacht.
Hättest Du aber direkt 100 Euro investiert, wären daraus nach einem halben Jahr 20 Euro geworden und nach einem weiteren halben Jahr dann immerhin noch 35 Euro. Eine Rendite von -65%! Der interne Zinsfuß (IRR) lässt das nicht erkennen, er gibt diejenige Rendite wieder, die man bei gleichem Kapitaleinsatz erhalten hätte.
Die zeitgewichtete Rendite, TTWROR bereinigt die Rendite um Zu- und Abflüsse von Kapital. Sie beträgt daher für Investment b -65%. Das ist die Rendite, die Du tatsächlich erhältst, wenn Du nur eine Einmalzahlung leistest.
Welche Renditekennzahl ist die richtige?
Das ist zugegebenermaßen ein extremes Beispiel, soll aber die gravierenden Unterschiede verdeutlichen.
Dein Freund hat mit seinem Investment eine IRR von 6,7% und eine TTWROR von -65% erzielt und 5 Euro auf dem Konto. Du hättest mit der Einmalzahlung dagegen einen Verlust von 65 Euro gemacht. Die IRR wäre dann für Dich auch -65%.
Dieses Ergebnis hängt natürlich ganz erheblich vom Verlauf des Investments b ab. Wäre der Verlauf ein anderer, so käme man auch zu einem anderen Ergebnis.
Eine ähnliche Betrachtung kann man mit Investment a machen, um zu hinterfragen, ob es für Deinen Freund wirklich schlechter gewesen wäre, das Investment a zu wählen. Auch diese Antwort hängt vom Verlauf des Investments a ab.
Die IRR berücksichtigt Zu- und Abflüsse, die TTWROR rechnet die Zu- und Abflüsse heraus. Die richtige Rendite gibt es nicht. Die Antwort hängt davon ab, was genau gefragt ist.
Simulation in Portfolio Performance
Dieses Beispiel lässt sich sehr gut in Portfolio Performance nachvollziehen. Dazu kannst Du Wertpapiere anlegen und deren historische Kurse selbst festlegen. Anschließend kannst Du in verschiedenen Depots simulieren, dass die beiden Wertpapiere in verschiedenen Tranchen gekauft werden.
Die Renditekennzahlen lassen sich dann z.B. über den Punkt “Performance” über das Dashboard abrufen. Dabei Datenreihe und Betrachtungszeitraum beachten.
Konkrete Fälle
Einzelnes Wertpapier
Wertest Du ein einzelnes Wertpapier aus, so ergibt die TTWROR einfach die Rendite des Wertpapiers an sich ohne Berücksichtigung von Zu- und Abflüssen. Das ist wenig aussagekräftig. Die IRR gibt Dir dagegen Aufschluss darüber, wie gut Dein Markettiming war, ob Du durch geschicktes Kaufen und Verkaufen eine hohe oder niedrige Rendite erzielt hast.
Gesamtportfolio
Anders sieht es aus, wenn Du Dein Gesamtportfolio betrachtest. Typischerweise sind die Zu- und Abflüsse des Gesamtportfolios nicht von Dir bestimmbar. Evtl. bekommst Du einen Bonus von Deinem Arbeitgeber, eine Erbschaft oder musst Steuer nachzahlen. Das sind Ereignisse außerhalb Deiner Kontrolle oder zumindest außerhalb der Entscheidung, wie Du Dein Kapital anlegst.
In diesem Fall ist die TTWROR die sinnvollere Kennzahl. Sie bewertet ausschließlich, wie gut die Verteilung des vorhandenen Vermögens auf verschiedene Anlagen war. Sie ignoriert, ob unterjährig Kapital zu- oder abgeflossen ist – in der Annahme, dass Du das auch gar nicht beeinflussen konntest.
Noch ein weiteres Beispiel zur Verdeutlichung:
Vergleich von zwei Fonds (auf Fondsebene!)
Nehmen wir zwei Fonds (F1 und F2). Beide Manager fahren die exakt gleichen Strategie. Das gesamte Fondsvermögen wird in eine Aktie investiert. Diese Aktie macht in der ersten Jahreshälfte eine Talfahrt (-50%), holt in der zweiten Jahreshälfte das aber wieder auf (+100%).
Nehmen wir jetzt an, dass sowohl F1 als auch F2 am Jahresanfang 100 Mio. Euro Kundengelder investiert haben. F2 hat in der Jahresmitte aber weiteres Anlagekapital (weitere 100 Mio. Euro) bekommen (und dafür weitere Fondsanteile ausgegeben).
Betrachten wir jetzt die Performance des Fonds auf Fondsebene, also aus Sicht des Fondsmanagers, nicht eines Anteileigners.
Die IRR von F1 auf Fondsebene ist 0%. (Aus 100 Mio. Euro am Jahresanfang wurden 100 Mio. Euro am Jahresende.) Die IRR von F2 ist dagegen ist +69%. (Aus 100 Mio. Euro am Jahresanfang und 100 Mio. Euro zur Jahresmitte wurden 300 Mio. Euro am Jahresende.)
Ist F2 also ein besserer Fondsmanager? Nein, beiden haben doch die exakt gleiche Entscheidung getroffen, wie das Kapital angelegt werden soll. Der Unterschied waren externe Mittelzu- und -abflüsse, die sie nicht direkt beeinflussen könnten.
Die TTWROR von F1 und von F2 ist jeweils 0%. (Wer am Jahresanfang in den Fonds 100 Euro investiert hat, hat am Jahresende auch wieder 100 Euro.)
Wenn Du Dein Gesamtportfolio als Fonds betrachtest, bei dem Du (wie der Fondsmanager) die Zu- und Abflüsse nicht beeinflussen kannst, dann ist die TTWROR ein besseres Maß für Deine Fähigkeit das zur Verfügung stehende Kapital anzulegen.
Einstiegszeitpunkt und initiale Rendite spielt eine große Rolle
Basierend auf dem Thema “Eine Buchung ändert TTWROR von -57,67% auf +65,80%” kann man ein weiteres Beispiel durchspielen. Der Einfachheit halber beschränken wir uns auf ein Jahr. Wir investieren in zwei Investments (Aktien, Fonds, …).
- Investment 1:
- 01.01. Kauf 1 Stück für 1000 Euro
- 30.06. Kurs ist auf 500 Euro gefallen
- 31.12. Kurs ist wieder gestiegen , Verkauf 1 Stück zu 1100 Euro
- Performance (IZF, TTWROR) für dieses Investment für das ganze Jahr: +10%.
- Investments 2:
- 30.06. Kauf 1 Stück für 1000 Euro
- 31.12. Verkauf 1 Stück für 1050 Euro
- Performance (TTWROR) für dieses Investment für das halbe Jahr: +5% (IZF ist aufgrund Annualisierung höher)
Da es keine Zukäufe gab, ist die Betrachtung von TTWROR- und IZF-Betrachtung hier qualitativ gleich und liefert für beide Investments eine positive Rendite.
Die TTWROR für das Gesamtportfolio (bestehend aus diesen beiden Investments) beantwortet die Frage, wie die Performance gewesen wäre, wenn ein bestimmter Betrag – sagen wir 100 Euro – zu Jahresanfang eingezahlt worden wäre, es keine Zuzahlungen gegeben hätte und die Investition immer so verteilt gewesen wäre, wie in diesem Portfolio. Es ist quasi die Frage, ob wir ein guter (Dach-)Fondsmanager waren, der die Kundengelder gut anlegt. Exerzieren wir das einmal durch:
- Gesamtportfolio
- Erstes Halbjahr, 01.01.-30.06.
- 100% von 100 Euro sind in Investment 1 investiert. Aus 100 Euro werden 50 Euro.
- Wertentwicklung: -50%
- Zweites Halbjahr, 01.07.-31.12.
- Erinnerung: Zum Halbjahreswechsel hatten wir 1500 Euro investiert, 500 Euro (1/3) in dem Investment 1, 1000 Euro (2/3) im Investment 2. Also müssen wir auch jetzt das Kapital entsprechend verteilen:
- 33% von 50 Euro sind in Investment 1 investiert. Aus 16,5 Euro werden 36,3 Euro.
- 67% von 50 Euro sind in Investment 2 investiert. Aus 33,5 Euro werden 35,175 Euro.
- In Summe wurden aus 50 Euro 71,475 Euro.
- Wertentwicklung: +42,95%
- TTWROR für das ganze Jahr:
- Aus 100 Euro am Anfang wurden 71,475 Euro, d.h. -28,525%.
- Oder man multipliziert die Performance: 0,5 (-50%) * 1,4295 (+42,95%) = 0,71475 (-28,525%)
- Erstes Halbjahr, 01.01.-30.06.
In anderen Worten: Hätten wir nicht clever zur Mitte des Jahres Geld nachgeschossen, wäre die Performance negativ gewesen. Die Wahl 100% des Vermögens in das Investment 1 zu stecken, der eine schlechte Performance liefert, hat direkt 50% des Gesamtinvestments ohne Berücksichtigung der Zuflüsse vernichtet. Das ist die Aussage des TTWROR.
Das Ergebnis wird wieder ganz anders aussehen, wenn noch ein Konto in das Gesamtportfolio einbezogen wird, auf dem z.B. am Jahresanfang 2000 Euro lagen, von dem die beiden Käufe getätigt werden. Denn dann gibt es auf Sicht des Gesamtportfolios keine unterjährigen Zuflüsse. Es entwickeln sich einfach 2000 Euro zu 2150 Euro (wenn man davon ausgeht, dass es keine Zinsen in den ersten sechs Monaten auf dem Konto gibt) und die TTWROR ist für dieses Portfolio positiv.